Wissenschaft ist Zukunft. Ohne neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung werden wir weder die lokalen noch die globalen Herausforderungen bewältigen können. Und ohne gut ausgebildetes wissenschaftliches Personal fehlen uns die Fachkräfte, die technische, wirtschaftliche und soziale Innovationen schaffen und daraus gesellschaftlichen Fortschritt für alle organisieren. Die SPD ist seit 20 Jahren Motor der wissenschaftlichen Entwicklung. Wesentliche Anstöße wie die Exzellenzinitiative für Hochschulen, der Pakt für Forschung und Innovation, der Hochschulpakt und zuletzt der Nachwuchspakt kamen von uns, den Irrweg von Studiengebühren haben wir politisch besiegt. Jetzt geht es darum, diesen erfolgreichen Weg gemeinsam mit unseren Ländern weiter zu gehen. Unser Ziel muss es sein, dass die offenkundige Ideenflaute von Union, FDP und auch den Grünen nicht auf die Perspektiven der Wissenschaft durchschlägt. Für die SPD liegen hier mindestens sechs Punkte auf der Hand:
- Deutschland muss weiter mehr in Wissenschaft und Forschung investieren. Die Pakte weiterzuentwickeln, darf nicht in Kürzungen durch die Hintertür münden.
- Wir müssen offene Hochschulen sichern und die Qualität der Lehre in den Mittelpunkt stellen. Die Rekordzahl an Studierenden braucht Hochschulen, die endlich auch verlässlich und planungssicher das nötige Personal, die Gebäude und Ausstattung erhalten und auch unterhalten können. Das BAföG muss auch die Familien in der Mitte der Gesellschaft wieder spürbar entlasten.
- Eine freie und kritische Wissenschaft ist Voraussetzung für eine freie, offene und tolerante Gesellschaft. Dirigismus und Autoritarismus haben in der Wissenschaftspolitik nichts zu suchen. Mehr finanzielle Planungssicherheit bei inhaltlicher Autonomie der Wissenschaft sind zu verteidigen, eine nachlaufende gesellschaftliche Rechenschaftspflicht darf dieses nicht konterkarieren.
- Wir brauchen neue Förderangebote für potenziell disruptive Sprunginnovationen. Diese sollten sich stärker an der risikoaffinen Start Up-Förderung orientieren als an rundgeschliffenen ministeriellen Förderprogrammen oder an vergangenheitsorientierten Entscheidungspraktiken von Old-Boys-Netzwerken.
- Die Digitalisierung von Forschung und Lehre ist eine der größten Herausforderungen der Wissenschaft. Eine leistungsstarke Ausstattung, moderne Verwaltung, digitale Inhalte und Lern- und Lehrplattformen und vor allem eine an den Weltmaßstab anschlussfähige datenbasierte FuE können nur von Bund und Ländern gemeinsam sichergestellt werden. Die überraschende neue Zurückhaltung des Bundes gerade beim Hochleistungsrechnen (HLR) und bei der überfälligen Nationalen Forschungsdaten-Infrastruktur (NFDI) gibt hier Anlass zur Sorge.
- Die Bundesfinanzierung für Hochschulen und Forschung über die Pakte muss entfristet werden und dauerhaft gesichert sein. Die bisherige finanzielle Schnappatmung durch die 5-Jahres-Zusagen schafft Fehlanreize in der Wissenschaft, die Investitionen in Qualität und dauerhaftes Personal (Hochschulpakt) behindern und das Horten von Mitteln fördern (Pakt für Forschung und Innovation).
Die SPD hat mit dem Zukunftsvertrag für Wissenschaft und Forschung 2021-2030 eine Blaupause für diese Reformen zur Diskussion gestellt. Es wäre für die Wissenschaft gut, wenn die Jamaika-Unterhändler hier mal nachlesen und mehr Mut an den Tag legen würden. Kopieren wäre in diesem Fall von den Urhebern sicher erwünscht.
HUBERTUS HEIL, MdB
SPD-Generalsekretär. Von 2013-2017 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, u.a. mit den Schwerpunkten Bildung, Wissenschaft und Forschung. Seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Gifhorn-Peine
Foto: Susi Knoll