Vor uns liegen wichtige wissenschaftspolitische Weichenstellungen – die Zukunft von Hochschulpakt und Pakt für Forschung und Innovation, die fortschreitende Digitalisierung und die Stärkung und Profilierung unseres ausdifferenzierten Wissenschaftssystems. Weichen stellen sich dabei nicht von alleine – sie benötigen Personen, die sie bewegen. Hier sind nach den politischen Entwicklungen der letzten Wochen mehr denn je die Länder gefragt, gemeinsame sozialdemokratische Impulse in der Wissenschaftspolitik zu setzen.
Für mich sind die Gestaltung von gesellschaftlichem Fortschritt und die Teilhabe der Menschen an Bildung und Qualifizierung Kern sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik. Durchlässigkeit und Chancengleichheit sind hierbei wesentliche Voraussetzungen. Das heißt, dass wir die Zu- und Übergänge zwischen beruflicher und akademischer Bildung verbessern. In Rheinland-Pfalz haben wir schon vor mehr als zwanzig Jahren den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte geöffnet und wissen, dass eine solche Öffnung auch Begleitung durch Beratungs- und Unterstützungsangebote braucht. Diese gilt es, auch über 2020 hinaus zu verstetigen und weiterzuentwickeln. Aber auch die wissenschaftliche Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens müssen wir auf neue Füße stellen. Beschäftigte müssen Qualifikationen und Kompetenzen fortlaufend weiter entwickeln, um so mit technologischen Entwicklungen Schritt halten und im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Mit dem Hochschulpakt haben wir in den letzten Jahren zusätzliche Studienplätze für die erhöhte Nachfrage geschaffen. Diese Bemühungen müssen nun als gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern verstetigt werden, um ein bedarfsgerechtes Studienangebot zu erhalten und allen Hochschulen Planungssicherheit zu geben.
Einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit und Durchlässigkeit im Bildungssystem leisten insbesondere die Fachhochschulen (FH) und Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW). Es muss nun darum gehen, die FH/HAW bei der Personalgewinnung und -entwicklung zu unterstützen und damit berufsrelevante Lehre und anwendungsbezogene Forschung zu stärken, die auch mit Aufstiegsmöglichkeiten und Bildungsgerechtigkeit verbunden sind.
Wichtige Aufgabe sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik ist in meinen Augen auch die Schaffung gleicher Chancen für Männer und Frauen. Ein Baustein dafür ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – entsprechende Impulse haben wir auch im Tenure-Track-Programm von Bund und Ländern schon gesetzt. Darüber hinaus braucht es weitere Anstrengungen, damit Frauen auf allen wissenschaftlichen Karrierestufen angemessen vertreten sind. Ich will mich weiterhin für transparente und planbare Karrierewege einsetzen.
Bei der Gestaltung neuer Programme, aber auch bei der Fortschreibung der großen Pakte, müssen wir immer auch die Anliegen der Beschäftigten im Blick halten. Die hohe Zahl der Befristungen gilt es daher, wo möglich, zurückzudrängen.
Mit einem sozialdemokratischen Profil können und müssen wir auch weiterhin die Wissenschaftspolitik gestalten und wichtige Impulse in die Debatten einbringen.
PROF. DR. KONRAD WOLF
Ist Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz. Der promovierte Physiker erhielt 2001 eine Professur für Mikroelektronische Bauelemente und Halbleitertechnologie an der Hochschule Kaiserslautern. Von 2009 – 2016 war er Präsident der Hochschule.