Für die Sozialdemokratie ist die fundierte Auseinandersetzung mit Themen der Wissenschaft von großer Bedeutung. Ich bin fest davon überzeugt: Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sind zentrale Erfolgsfaktoren, ohne die unser komplexes Gemeinwesen nicht vorstellbar wäre. Der Wohlstand von morgen basiert auf den Innovationen von heute! Und diese Innovationen wären nicht denkbar, ohne die Kreativität unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die Leistungsfähigkeit von Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Gerade auf letztere wird aus dem Ausland immer wieder durchaus mit Neid geschaut, denn sie stärken unsere Innovationsfähigkeit in besonderer Weise.
„Unsere Kinder sollen es einmal besser haben“ war das Leitmotiv bei der Gründung der SPD vor mehr als 150 Jahren. Es ist auch heute noch Kern des sozialdemokratischen Aufstiegsversprechens. Als Sozialdemokraten arbeiten wir mehr denn je daran, wirtschaftliche Dynamik, soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft miteinander zu verbinden. Das ist unser Verständnis von Fortschritt und dieser wäre ohne wissenschaftlichen und technischen Fortschritt nicht denkbar. Ohne Innovationen, ohne Veränderungen wäre dieses Aufstiegsversprechen nicht umzusetzen. Deshalb hat die SPD ein positives Verhältnis zum Fortschritt. Er ist quasi Teil unserer DNA und macht uns zu der Fortschrittspartei.
Isaac Newton hat einmal trefflich beschrieben: „Was wir wissen ist ein Tropfen, was wir nicht wissen ein Ozean.“ In diesem Sinne gilt es noch viele Fragen zu beantworten, die für unser Leben von Bedeutung sind. Wir stehen vor immensen Herausforderungen: die gerechte Gestaltung der Globalisierung, die Bewältigung des Klimawandels, die demographische Entwicklung mit ihren Auswirkungen z.B. auf unser Gesundheits- und Pflegesystem, die Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Eine Liste die sich beliebig fortsetzen ließe. Die Klammer bilden aus meiner Sicht die Fragen „Wie wollen wir in Zukunft leben? Wie wollen wir in Zukunft zusammen leben?“.
Um diese Fragen zu beantworten brauchen wir das Streben nach Erkenntnissen, dass im Grunde der innere Kern von Wissenschaft ist. Die Politik kann und darf hier keine Vorgaben machen. Vielmehr ist sie es, die die Fragen formuliert und die Wissenschaft „beauftragt“ Antworten zu entwickeln. Um die politische wie gesellschaftliche Akzeptanz wissenschaftlicher Analysen zu erhöhen kommt es im Übrigen darauf an, ihre Komplexität zu verringern und sie für alle verständlich zu machen.
Das Streben nach Erkenntnisgewinn, danach, zu wissen wie die Welt funktioniert – und daraus zu lernen, wie man sie verändern und womöglich verbessern kann – auch das treibt die Sozialdemokratie seit ihrer Gründung um. Wichtig ist mir daher auch: Wissenschaft geschieht nicht im luftleeren Raum. Wissensschaft ist Teil von Gesellschaft. Wissenschaft muss sich bewusst machen, warum und zu welchem Zweck Erkenntnisse erzielt werden sollen. Und auch, wem bestimmte Erkenntnisse denn am Ende nützen werden. In diesem Sinne ist Wissenschaft, ist das Ziel von Forschung nie unpolitisch.
Gerade hier ist ein enger und guter Dialog notwendig – zwischen Wissenschaft und Politik, aber natürlich auch mit der Zivilgesellschaft. Kernaufgabe von Politik ist es, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass exzellente Wissenschaft, Forschung und Lehre in Deutschland möglich sind und auch international sichtbar werden.
Es war die rot-grüne Bundesregierung die eine neue Dynamik in das deutsche Wissenschaftssystem gebracht hat. Gerhard Schröder und Edelgard Bulmahn packten Baustellen an, die zuvor jahrelang vernachlässigt wurden. Die Exzellenzinitiative ist das herausragende Beispiel dafür. Wir diskutieren derzeit darüber, wie wir dieses Programm fortsetzen können. Das zeigt, welchen enormen Entwicklungsprozess diese Idee in Gang gesetzt hat.
Im sozialdemokratischen Verständnis meint Exzellenz dabei nie ausschließlich Elite. Das unterscheidet uns von den anderen. Wir sind davon überzeugt, dass Wissenschaft Breite und Spitze gleichermaßen braucht. Ohne Spitzenleistungen in der Forschung wird es keine hochwertige akademische Lehre geben, und umgekehrt. Dabei geht es nicht darum, dass eine gegen das andere auszuspielen, sondern beide Aspekte gleichberechtigt zu behandeln. Deshalb gibt es eben nicht nur die Exzellenzinitiative sondern auch den Hochschulpakt. Und deshalb macht die SPD sich stark für einen weiteren Pakt, der den wissenschaftlichen Nachwuchs und den akademischen Mittelbau in den Blick nimmt.
Gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen sind in besonderer Weise von Wissenschaft, Technik und Innovationen abhängig. Dies ist so und deshalb ist es für eine politische Partei wie die SPD besonders wichtig, den Dialog zu den in der Wissenschaft Tätigen, zu den Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen zu pflegen und zu intensivieren. Dazu dient auch das Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie und das seit 25 Jahren. Es ist eine gelungene Plattform um den Austausch unserer Partei mit der Wissenschaft und deren Community dauerhaft zu gestalten.
„Eine Investition in das Wissen bringt noch immer die besten Zinsen“. Dieses Zitat stammt von Benjamin Franklin und ich finde er hat Recht! In diesem Sinne haben wir eine klare sozialdemokratische Handschrift im aktuellen Koalitionsvertrag hinterlassen und dafür werden wir uns auch darüber hinaus immer wieder stark machen.
Yasmin Fahimi
ist Generalsekretärin der SPD