Neben vielen positiven wissenschaftspolitischen Entwicklungen in den letzten Jahren gibt es zahlreiche Defizite, die durch die ergriffenen Maßnahmen bedingt oder verstärkt, zumindest aber nicht behoben wurden. So haben die erheblichen finanziellen Aufwüchse aus Bundesmitteln für den Wissenschaftsbereich nichts an der chronischen Unterfinanzierung vieler Hochschulen geändert. Weiter führt das gewachsene Ungleichgewicht zwischen Drittmittel- und Grundfinanzierung zu erheblichen Verwerfungen. Die Grundwerte der SPD taugen als Orientierungshilfen durchaus auch für die Wissenschaftspolitik: Ziel sollte es sein, Bedingungen für ein freies, gerechtes und solidarisches Wissenschaftssystem zu schaffen, welches neues Wissen generiert und Teilhabe möglichst Vieler hieran ermöglicht. Drei aus meiner Sicht besonders wichtige Handlungsfelder könnten einen entscheidenden Beitrag zur Lösung verschiedener Probleme leisten.
Sozialdemokratische Ideale umfassen die Schaffung adäquater Beschäftigungsbedingungen und sozialer Gerechtigkeit in allen Lebensbereichen. In der Wissenschaft mangelt es an beidem. Von einer sozialdemokratischen Wissenschaftspolitik wünsche ich mir deshalb, dass sie für faire Beschäftigungsbedingungen in allen Statusgruppen und gegen Hürden beim Zugang zum Wissenschaftssystem kämpft. Wer als WissenschaftlerIn 100% leistet, darf nicht nur 65% verdienen. Was offensichtlich richtig scheint, ist in vielen Fächern nicht der Fall: Obwohl Promovierende voll arbeiten, werden sie oftmals nur teilweise entlohnt. Ebenso skandalös: Derzeit sind 75% der haushaltsfinanzierten MitarbeiterInnen an Hochschulen befristet tätig, bei den unter 45-jährigen sind es 93%, bei drittmittelfinanzierten MitarbeiterInnen sogar 98%. Und das trotz zahlreicher Daueraufgaben im Wissenschaftssystem. Eine Lösung für adäquate Beschäftigungsbedingungen und mehr Diversität im Wissenschaftssystem ist meiner Meinung nach die Schaffung zusätzlicher Professuren. Und natürlich gibt es auch darüber hinaus weitere zentrale Stellschrauben um die genannten Probleme zu adressieren und adäquate Beschäftigungsbedingungen und soziale Gerechtigkeit zu schaffen.
Die europäischen Universitäten, ganz besonders die deutschen, spielen eine Schlüsselrolle, wenn es um den politischen und kulturellen Zusammenhalt innerhalb von Europa geht. Wissenschaftliche Glaubwürdigkeit, Vertrauen und innovatives Denken sind Ideale, welche die Menschen in Europa mit dem Wissenschaftssystem verbinden und von denen sie sich Lösungen erhoffen für die zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen. Junge, ehrgeizige Studierende treten in das europäische Bildungssystem ein und haben dabei die Vorstellung, alle Universitäten seien gut, alle Disziplinen interessant und relevant und zudem gerecht finanziert. Aber eigentlich wissen wir, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist. Doch trotz begrenzter finanzieller Mittel könnte jede Universität und jedes Bundesland mittels einer konsequenten Konzentration auf die eigenen Stärken exzellente Beiträge in Lehre und Forschung liefern. Dieser Differenzierungsprozess setzt eine engere Zusammenarbeit zwischen Universitäten im In- und Ausland voraus. Die europäischen Universitäten stehen schon jetzt in einem Wettbewerb um Forschungsmittel und Studierende mit den besten Universitäten in Nordamerika und in einigen Ländern Asiens wie China, Korea, und Singapur.
1088 wird in Bologna die erste Universität der aufsteigenden Moderne gegründet. Das Europa von heute vereinigt über 3000 Hochschulen, über 1,4 Millionen Hochschullehrer und mehr als 19 Millionen Studierende. Alle europäischen Staaten haben sich seit Juli 1999 dem Bologna-Prozess zur Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums angeschlossen. In der Lissabon-Strategie aus dem Jahr 2000 hat sich die Europäische Union verabredet, mit einem Aufkommen von 3% des Bruttosozialprodukts zum weltweit größten wissenschaftsgeleiteten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Der Kampf um die Wissenschafts- und Forschungsidentität in Europa ist offen. Ohne klare Ziele auf höchster politischer Ebene von Kommission und Ministerrat wird ein solcher Prozess keine Dynamik bekommen. Ohne einen demokratischen Diskurs dieser Ideen in den Mitgliedstaaten, in der scientific community und der Zivilgesellschaft wird dieser Prozess der Identitätsfindung keine Nachhaltigkeit haben.
Mehr als 60 promineten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hochschulen und Forschungs-einrichtungen haben einen gemeinsamen Wahlaufruf für Martin Schulz und die SPD unterzeichnet. Sie machen sich stark für ein international konkurrenzfähiges und leistungsstarkes Wissenschafts- und Forschungssystem. Sie wissen, dass es gerade in der heutigen Zeit mehr denn je darauf ankommt, die freie Wissenschaft als grundlegenden Wert unser Demokratie zu verteidigen. Und sie sehen die Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen für das Studium zu verbessern und Chancengleichheit beim Zugang zu unseren Hochschulen sicherzustellen. Für sie muss ein sozialdemokratischer Bundeskanzler Taktgeber der weiteren Entwicklungen für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen sein.
Wissenschaft und Forschung sind der Motor der technologischen und wirtschaftlichen Ent-wicklung und bilden die Grundlage für den gesellschaftlichen Fortschritt. Die akademische Lehre hat eine besondere Bedeutung. Sie gewährleistet eine hochqualifizierte Ausbildung und leistet einen wichtigen Beitrag für die Sicherung des Fach- und Führungskräftenachwuchs für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt. Die hochschulische und außeruniversi-täre Forschung und Entwicklung sichert durch neue Erkenntnisse und Ideen die Innovations-fähigkeit Deutschlands, auf die wir sowohl für die Lösung der globalen Zukunftsfragen, für die künftige wirtschaftliche Wertschöpfung als auch für die Verbesserung des alltäglichen Lebens der Menschen zunehmend angewiesen sind. Und schließlich eröffnen Wissenschaft und Forschung einen wachsenden Arbeitsmarkt, der bereits heute über 600.000 Menschen eine attraktive Beschäftigung bietet.
Sozialdemokratische Wissenschaftspolitik war und ist stets geleitet von der Erkenntnis, dass die Verantwortung und die Freiheit der Wissenschaft untrennbar miteinander verbunden sind. Die Maxime Dietrich Bonhoeffers „Verantwortung setzt sachlich – nicht zeitlich – Freiheit voraus, wie Freiheit nur in der Verantwortung bestehen kann.“ muss auch weiterhin ethische Richtschnur unserer Wissenschafts- und Forschungspolitik sein. Doch worin besteht heute und in naher Zukunft die Verantwortung, der sich die Wissenschaft stellen muss?
Forschung für ein besseres Leben
Ich meine, die Verantwortung der Wissenschaft besteht primär darin, dass sie adäquate Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit geben muss. Dass Forschung sich zum Ziel setzt, relevante Beiträge zu liefern für ein besseres Leben aller Menschen in unserer EINEN Welt. Gute Orientierungspunkte hierfür liefern die Millenniumsziele der Vereinten Nationen oder auch die im EU-Programm Horizon 2020 beschriebenen großen gesellschaftlichen Herausforderungen Europas und der Welt.
Konkret bedeutet dies beispielsweise, dass sich Wissenschaft der Bekämpfung von extremer Armut und Hunger, dem Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser für alle Menschen, der Senkung der Kindersterblichkeit und der Sterblichkeit von Müttern, der Bekämpfung von AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten widmet. Dass Wissenschaft dazu beiträgt, das Geschlechtergefälle auf allen Bildungsebenen zu beseitigen, das wechselseitige Verständnis und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und Religionen zu befördern und den Verlust von Biodiversität und von Umweltressourcen zu verringern.
Strategie: Diversität, Interdisziplinarität, Internationalität, Anwendungsorientierung
Die Antworten auf diese Herausforderungen bedürfen vielfältiger wissenschaftlicher Kompetenzen und unterschiedlicher Herangehensweisen und somit eines vielfältigen, funktional profilierten und auch institutionell differenzierten Wissenschaftssystems. Wir brauchen dafür forschungsstarke Hochschulen und ein positives Verhältnis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl zu interdisziplinärer Zusammenarbeit, als auch zur Anwendungsorientierung von Forschung und zum Transfer der Erkenntnisse. Und es muss sichergestellt sein, dass aktuelle Forschungsergebnisse auch unmittelbar in die Lehre einfließen. Dies sollten dementsprechend wesentliche strategische Ziele unserer sozialdemokratischen Wissenschaftspolitik sein, wobei ich betonen möchte, dass ich Transfer dabei nicht als reinen Technologietransfer verstehe, sondern in einem breiteren Sinne als dialogische Vermittlung von Erkenntnissen aus allen Wissenschaftsbereichen in die Gesellschaft. Und wir brauchen eine Stärkung der Internationalisierung und der globalen Perspektive von Wissenschaft. Die Wissenschaften stehen seit jeher für einen grenzüberschreitenden Dialog und eine globale Kooperation. Gerade in Zeiten, in denen in Europa neue Grenzzäune errichtet und in einigen Ländern diskutiert wird, ob ihre Zukunft in einer Renaissance des Nationalen bestehen könnte, müssen wir uns auf diesen Ansatz besinnen! Die mit Flucht und Migration verbundenen Herausforderungen sind nur international zu lösen und die Bekämpfung von ihren Ursachen liegt in der gemeinsamen Verantwortung der Länder des globalen Südens und der hoch entwickelten Industrienationen.
Kooperationen auf Augenhöhe ermöglichen!
Aus dieser strategischen Linie ergeben sich verschiedene konkrete Herausforderungen für unser alltägliches politisches Handeln. Zum einen sind wir gefordert, eine partnerschaftliche Kooperation der einzelnen wissenschaftlichen Einrichtungen auf Augenhöhe zu verstärken bzw. überhaupt erst zu ermöglichen und dabei insbesondere unterschiedliche Kompetenzen stärker zusammenführen. Hierfür müssen wir geeignete Anreize setzen und vernünftige Rahmenbedingungen schaffen. Beispielhaft hierfür sind die beiden neuen Bund-Länder-Vereinbarungen zur „Exzellenzstrategie“ und zur „Innovativen Hochschule“, in denen die Formierung themenorientierter Verbünde, Netzwerke und Kooperationen (z.B. Forschungscluster) eine wesentliche Rolle spielt. Zukunftsweisend wäre dementsprechend auch die Schaffung zweckorientierter Verbünde, Netzwerke und Kooperationen z.B. in Form von Kooperationsplattformen für gemeinsame Promotionen von Fachhochschulen und Universitäten oder gemeinsame Graduiertenzentren von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Damit dies gelingen kann, ist ein Ausbau der angewandten Forschung an Fachhochschulen eine notwendige Voraussetzung.
Die Hochschulen stärken und Durchlässigkeit fördern!
Zum anderen sind wir gefordert, unsere Hochschulen so zu stärken, dass sie weiterhin den Kern des Wissenschaftssystems bilden. Dies wird nur möglich sein, wenn der Bund zukünftig einen signifikanten Anteil an der Grundfinanzierung der Hochschulen trägt. Dies wäre auch die Voraussetzung dafür, die Drittmitteleinnahmen der Hochschulen wieder in eine gesunde Relation zu ihrer Grundfinanzierung zu bringen, also eine Größenordnung von durchschnittlich nicht mehr als 20% (Ist-Stand: ca. 30%, Stand 1995: ca. 15%).
In der Mehrzahl der Länder tragen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Verantwortung für die Gestaltung der jeweiligen Hochschullandschaft. Diese Chance sollten wir nutzen, um das Hochschulsystem insgesamt internationaler, durchlässiger und sozial gerechter zu machen. Mein Ziel ist, dass sich unsere Hochschulen zukünftig noch stärker dadurch auszeichnen, dass
- es einfache Zugangsmöglichkeiten gibt für beruflich Qualifizierte oder Studierende ohne Abitur und alle Hochschulen zur Heterogenität der Studierenden passende Studienangebote vorhalten,
- durch fachlich weniger spezialisierte Studiengänge die Voraussetzungen gegeben sind für eine hohe Mobilität innerhalb der gestuften Studienstruktur,
- eine hohe Durchlässigkeit besteht zwischen Fachhochschulen und Universitäten,
- die duale Berufsausbildung und der tertiäre Sektor systematisch verschränkt sind und duale Studiengänge zum Regelangebot an allen Hochschulen gehören,
- die wissenschaftliche Weiterbildung eine breite Rolle einnimmt,
- ein hoher Anteil der Studierenden und der Lehrenden aus dem Ausland kommen und es für Studierende und Lehrende aus Deutschland selbstverständlich ist, einen Studienabschnitt bzw. eine kurze Phase der wissenschaftlichen Laufbahn im Ausland zu verbringen,
- die Prinzipien der „guten Arbeit“, die Chancengleichheit von Männern und Frauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durchgesetzt und eine Selbstverständlichkeit sind,
- Frauen auf allen Karrierestufen gut vertreten sind,
- dauerhafte Tätigkeiten auch von dauerhaft Beschäftigten geleistet werden,
- auf verschiedenen Positionen endende, verlässliche und individuell planbare Karrierewege mit transparenten Ein- und Aufstiegsszenarien existieren und der Tenure-Track auf allen diesen Karrierewegen etabliert ist,
- und unsere Hochschulen über eine hochwertige Bausubstanz und eine moderne technische Infrastruktur verfügen, damit wir sie auch zu Recht als „ unsere Kathedralen“ bezeichnen können.
In den nächsten Jahren wird es um zentrale Weichenstellungen für die Wissenschaft in Deutschland gehen. Dort, wo wir die Weichen stellen, muss erkennbar sein: Die Menschen stehen im Mittelpunkt sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik.
Unser Wissenschaftssystem ist im internationalen Vergleich auf einem sehr guten Wege. Das 3% Ziel der Lissabon Strategie 2020 ist so gut wie erreicht. Der Forschungsatlas der DFG, der gemeinsame Bericht von DFG und Wissenschaftsrat zur Exzellenzinitiative, das Imboden-Gutachten, die Monitoring-Berichte zum Pakt für Forschung und Innovation und die Berichte zur Umsetzung des Hochschulpakts – alle diese Berichte zeigen die erfreulich ansteigende Form unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Die Entwicklung der Gemeinschaftsfinanzierung nach Art. 91b GG seit 2010 zeigt ein durchschnittliches Jahreswachstum um über 12% an; bei diesem Aufwuchs um 76% auf 14,8 Mrd. Euro in 2016 ist der Bund der Treiber. Insgesamt ist es nicht zuletzt angestoßen durch die „Weimarer Leitlinien Innovation“ der SPD von 2004 und vertieft durch den daran anknüpfenden Bildungsgipfel 2008 gelungen, das Wissenschaftssystem finanziell prioritär zu entwickeln. Der Anstoß dazu liegt gerade einmal ein Dutzend Jahre zurück; die zentralen Stichworte der Amtszeit der letzten Bundeswissenschaftsministerin der SPD sind noch aktuelle: Ausbau der Frauenförderung und der Nachwuchsförderung, Reform der Professorenbesoldung, Bologna-Reform und Exzellenzinitiative. Die Exzellenzinitiative wirkt seit nunmehr zehn Jahren; die Bologna – Reform wirkt erst allmählich nachhaltig nach mehreren Korrekturschleifen – was bedeuten da knapp 14 Jahre von heute bis 2030 bei einem Veränderungsmodus im Wissenschaftssystem, der eher mit kleinen Schritten als großen Sprüngen beschrieben werden kann?
Das Institutionengefüge des Wissenschaftssystems ist stabil und von Natur aus träge. Veränderungen finden im Inneren und zwischen den bestehen Institutionen statt, um die eigenen Aufgaben noch besser erfüllen zu können. Für die Steuerung ist schon heute erkennbar, dass das Recht als Steuerungsmedium gegenüber robusten finanziellen Anreiz- und Belohnungssystemen verloren hat und weiter verlieren wird. Dies ist eine besondere Herausforderung für die SPD in den Ländern, haben sich die Akteure dort mit großem Engagement um Hochschulgesetze gekümmert, während der Bund den Verlust der Rahmengesetzgebungskompetenz kaum als schmerzlich empfindet. Mit Bildungsgipfel, Pakten und Haushaltsaufwuchs verfügt er über die künftig noch entscheidenderen Steuerungsinstrumente, deren Einsatz er allerdings mit den Ländern vielfach vereinbaren muss. Die SPD führt gegenwärtig zehn der sechszehn Wissenschaftsministerien, eine große Chance, die horizontal und vertikale Koordination erfordert, um nachhaltiges sozialdemokratisches Profil auf diesem Feld zu entwickeln. Versteher und Kümmerer für alle Gruppen und für die teilweise selbst gesteuerten Prozesse im Wissenschaftssystem wären eine attraktive politische Grundlage, zu der auch ein positiv-kritisches Verständnis von Autonomie gehört.
Im Zentrum steht der Mensch – was könnte daraus folgen. Das Bestreben nach besserer Bildung wird nicht nachlassen. Bildungschancen offen zu halten, weiter zu entwickeln und qualitativ zu verbessern – dies sollte Ausgangspunkt unseres Anliegens sein, die staatliche Hochschulinfrastruktur überall in Deutschland darauf zu orientieren. Hier gibt es eine lange Linie zurück bis hin zum Öffnungsbeschluss der Ministerpräsidenten 1977 und zu den Hochschulsonderprogrammen 1989/90. Wie der Hochschulpakt zeigt, wird das als eine nationale Aufgabe nur gemeinsam mit dem Bund gelingen. Drei Jahrzehnte der Projekte haben geholfen, es wird Zeit, die Herausforderung mit Art. 91b GG strukturell anzugehen. Studienangebote für junge Menschen dürfen nicht allein an der Finanzkraft der Länder oder der aktuellen demografischen Entwicklung ausgerichtet werden. Mit „Gesellschaft und Wirtschaft 4.0“ ist ein Fachkräftebedarf verbunden, für dessen Sicherung quantitativ und qualitativ wachsende Verantwortung auf die Hochschulen zukommt. Auch mit Blick auf das Ziel, aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger für unser Gemeinwesen zu gewinnen und Fachkräften reflexive Kompetenz in einer zunehmend digitalisierten Welt zu erhalten, sollte die SPD das Thema Innovation weiterhin für sich reklamieren und Lehre und Studium sowie Forschung und Transfer einbetten.
Der Prozess der Stärkung der Hochschulen muss mutig fortgesetzt werden. Während sie in der Lehre eher breit aufgestellt sein müssen, um ihre Mission für Studieninteressierte, Fachkräftebedarf und Anforderungsprofil des künftigen Arbeitsmarktes zu erfüllen, bedarf ihr Auftrag in Forschung und Transfer der weiteren Profilierung, innerhalb der Hochschule und zwischen den Hochschulen. Das ist eine Langfristaufgabe, die bis 2030 intensiviert angegangen werden sollte. Ein in der Dimension neues Aufgabenfeld wird im Bereich der Weiterbildung eröffnet, mit deutlichen Schwerpunkten im Zeitverlauf: Zunächst wird mit der Intensivierung von „Gesellschaft und Wirtschaft 4.0“ ein deutlich ansteigender Bedarf an kurzfristiger konkreter Anpassungsweiterbildung entstehen, der gegen Ende des Jahrzehnts nach allen Prognosen in ein dauerhaft verändertes Weiterbildungsverhalten übergehen dürfte. Hier sind neue Notwendigkeiten erkennbar, die Gegenstand eines Paktes werden könnten.
Die Grundlagenforschung ist mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft primär für die Universitäten und der Max-Planck-Gesellschaft sehr gut aufgestellt; beide Einrichtungen steuern sich autonom. Mit der Helmholtz Gemeinschaft ist ein wichtiger gesellschaftlicher Auftrag verbunden rund um die sog. großen Fragen; mit dem 90:10 Finanzierungsschlüssel zwischen Bund und Ländern wird angedeutet, dass der Bund hier sein forschungspolitisches Feld sieht. Die innovationsorientierte Nachfrage der Wirtschaft wird von der Fraunhofer Gesellschaft aufgenommen. Bei der Leibniz Gemeinschaft sind die Ursprünge klarer als die wissenschaftspolitische Verortung im Wissenschaftssystem, unabhängig von den begrüßenswerten internen Ansätzen für Wettbewerb und Koordination. Hier werden sich die Länder verstärkt fragen müssen, ob sie die weitere Entwicklung eher als ein gemeinsames föderales Projekt der Forschungspolitik in den Ländern anlegen oder in Richtung einer Art MPG bevorzugen wollen, zumal bei überregionaler Bedeutung eine rechtliche Herauslösung von Einrichtungen aus den Hochschulen für die Gemeinschaftsfinanzierung nicht mehr konstitutiv ist.
Auch bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften ist die Herkunft klarer als die Zukunft. Angewandte Forschung ist unabdingbar für Innovation und sollte ihren Platz im Fördersystem finden, nicht bei der DFG und ihrer Grundlagenorientierung – die HAWs auf die DFG zu verweisen, würde konsequenterweise von ihnen eine Abwendung von der angewandten Forschung fordern, sondern in einer eigenen Fördereinrichtung, deren Programme entsprechend profiliert sind und deren Förderhandeln streng wissenschaftsgeleitet ist. Ein deutlicher Reputationsgewinn für diesen Bereich wäre ein willkommener Effekt, der auch die Binnenorganisation der Wissenschaftsministerien erfassen würde. Dringend erforderlich ist eine weitere Profilierung der einzelnen Hochschulen und ihrer auf praxisorientierte Lehre und angewandte Forschung ausgerichteten Berufungspolitik. Anreize zum Wettbewerb um beste Köpfe sollten möglich werden, damit ein reputationsfördernder Berufungsmarkt entsteht; die einmalige Berufung mit berufslebenslanger Bindung an eine Hochschule fördert zwar das interne Zusammengehörigkeitsgefühl; ob es zur Leistungssteigerung des Systems „HAW“ beiträgt, ist jedoch eine andere Frage. Würden diese Entwicklungen greifen, verlöre das Promotionsproblem deutlich an Symbolkraft. Es ist davon auszugehen, dass die dazu bereits auf den Weg gebrachten Einstiege letztlich unumkehrbar sind; lediglich die konkrete Ausgestaltung ist noch offen, sollte aber letztlich kein Aufreger mehr sein.
Auch 2030 wird es mehr junge Menschen geben, die sich selbst das Ziel setzen, Wissenschaft zum Beruf zu machen, als Dauerstellen im Wissenschaftssystem verfügbar sein werden. Wir werden für die Grundlagen des schrittweisen Auswahlprozesses einstehen: Transparenz und Berechenbarkeit der Qualifizierungs- und Karrieremöglichkeiten, Geschlechtergerechtigkeit, frühe Selbstständigkeit, Freiraum für Qualifizierung, Fairness bei den Auswahlprozessen in der Wissenschaft. Wir sollten klare Position beziehen zwischen den Extrem-Modellen einer frühen beruflichen Sicherheit, verbunden mit frühen Auswahlentscheidungen und damit Ausscheiden vieler aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs, oder sehr später Auswahlentscheidungen, die vielen jungen Menschen die Möglichkeit bietet, sich (zu) lange zeitlich befristet auszuprobieren mit dem Ergebnis, dass viele erst im Laufe des dritten Lebensjahrzehnts aus der Wissenschaft ausscheiden, so wie es heute der Fall ist. Die Vorstellungen einer künftigen Personalstruktur müssen sich an dieser Grundposition orientieren, damit der Mensch im Mittelpunkt bleibt. Funktional ist unstrittig, dass gerade die Hochschulen mehr Dauerstellen auf allen Ebenen benötigen, damit sie ihre Aufgaben vor allem auch in der Lehre angemessen erfüllen können und der wissenschaftliche Nachwuchs nicht länger als Lückenbüßer für Regelaufgaben missbraucht wird. Gesonderte Personal-Bundesprogramme sind gegenüber einer angemessenen, dauerhaften Nachfolgeregelung beim Hochschulpakt mit festen Verpflichtungen der Länder beim Ausbau der Personalstruktur nachrangig.
Der neu gefasste Art. 91b GG eröffnet neue Möglichkeitshorizonte. Er bietet Chancen, wichtige strukturelle Herausforderungen sachgerecht zu lösen, ohne Wissenschaftspolitik und Finanzpolitik aufgehen zu lassen. Für zweifellos auch künftig notwendige Steuerungsanliegen steht mit projektförmig gestalteten Pakten das richtige Instrument zur Verfügung. Gegenüber diesen Chancen sind jedoch auch Risiken nicht zu übersehen, vor allem für das Verhältnis von Bund und Ländern. Mit dem Pakt für Forschung und Innovation und den Pauschalen der DFG hat sich jenseits der offiziellen Finanzierungsschlüssel das tatsächliche Finanzierungsverhältnis in Richtung wachsender Anteile des Bundes verschoben – eine Herausforderung, die vermutlich bereits 2020 zu bearbeiten sein wird mit Folgen für 2030. Werden die Länder mit erheblichen zusätzlichen finanziellen Leistungen die bestehenden Finanzierungsschlüssel stabilisieren oder wird die Schlüsselfrage 2020 zu einer „Schlüsselfrage“? Es geht um die föderale Augenhöhe. Hochschulbau und BAföG stehen für zweitbeste Problemlösungen: die Lösung sollte in jedem Fall innerhalb der Gemeinschaftsfinanzierung angestrebt werden. Denkbar wäre z. B. der finanzielle Rückzug auf einen Finanzierungsschlüssel von 10% bis 25% in Bereichen, die von der Wissenschaft autonom gesteuert werden, und eine Konzentration der dadurch freiwerdenden Mittel auf Bereiche, die für die Forschungspolitik der Länder und ihre Hochschulen von besonderer Bedeutung sind – ein föderales Projekt.
Nachdem die Lissabon-Agenda 2020, die Agenda 2010 und der Bildungsgipfel 2008 weitgehend abgearbeitet sind, brauchen wir neue, ehrgeizige Zielsetzungen für die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems. Dafür sollte das SPD – Wahlprogramm 2017 Orientierung geben. Bund und Länder werden in der GWK grundsätzliche Möglichkeiten ausloten. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt in 2018 sollten alle relevanten politischen Akteure einen Bildungsgipfel auf die Tagesordnung setzen, dessen Ergebnisse bis 2030 tragen.
Wissenschaftspolitik muss auch als regionales Förderungsinstrument verstanden werden
Mit Beginn der ersten rot-grünen Bundesregierung 1998 haben der Bund und nahezu alle Länder enorme Anstrengungen unternommen, in die Wissenschaft zu investieren. Auch wenn die Hochschulen in Deutschland zu ca. 80% von den Ländern, zu 10% durch private Quellen und nur zu 10% vom Bund finanziert werden[1], wurde etwa der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung seitdem mehr als verdoppelt.[2] Das zunehmende Engagement des Bundes in der Wissenschaftsfinanzierung ist zu begrüßen, denn nicht nur die Hochschulen profitieren von dieser Entwicklung, sondern insbesondere auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
Dennoch: Dies reicht immer noch nicht aus. Vor dem Hintergrund des Auslaufens des Hochschulpaktes im Jahr 2020 und der Entflechtungsmittel ein Jahr zuvor ist es längst überfällig, die Weiterentwicklung des Finanzierungssystems der deutschen Wissenschaftslandschaft neu zu denken. Über weitere Bund-Länder-Pakte lassen sich zwar jederzeit politisch wünschenswerte Akzente setzen, die zur Hochschulentwicklung in Deutschland beitragen, die grundsätzliche Unterfinanzierung des Wissenschaftssystems lösen sie jedoch nicht. Vielmehr bedarf es weiterer Anstrengungen aller Akteure – des Bundes, der Länder, der Hochschulen und der Wissenschaftsorganisationen – um die Wissenschaftseinrichtungen leistungsfähig zu halten und auszubauen. Eine langfristig angelegte und gemeinsam zwischen diesen Akteuren vereinbarte Agenda der Hochschulentwicklung könnte die Situation nach 2020 auflösen und der Wissenschaft eine planbare Finanzierung gewährleisten. Eine solche gemeinsame Agenda sollte sich an zwei Grundgedanken orientieren: Wissenschaftspolitik muss als regionales Entwicklungs- und Förderungsinstrument verstanden werden und die Grundfinanzierung der Hochschulen muss ausgebaut werden.
Wissenschaft und Regionalentwicklung
Regionen, die durch Wissenschaftseinrichtungen geprägt sind, fungieren als Motoren des gesellschaftlichen Fortschritts. Eine klare Aufgabenteilung von Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit einer verlässlichen Kooperation untereinander ist der Schlüssel zum Erfolg. Eine enge Vernetzung von wissenschaftlichen Einrichtungen mit der ansässigen Wirtschaft führt nicht zuletzt zu technologieorientierten Unternehmensgründungen aus den Hochschulen heraus und schafft somit zahlreiche neue Arbeitsplätze. Es entstehen gewinnbringende Synergien sowie infrastrukturelle Maßnahmen, die nicht selten ein ganz neues Stadtbild zu Tage treten lassen.
Das beste Beispiel für solch einen synergieträchtigen Technologiestandort ist die Berliner Wissenschaftsstadt Adlershof mit ihren zehn universitären Instituten, sechs außeruniversitären Forschungseinrichtungen und zahlreichen Gewerbebetrieben. Fast 16.000 Beschäftigte und mehr als 6000 Studierende zählt Adlershof. Das Erfolgsmodell liegt in der engen Verzahnung wissenschaftlicher Expertise und technologischer Innovation sowie verlässlicher Kooperation aller Akteur*innen. Wissenschaftsstandorte bringen zudem Einkaufs- und Wohnmöglichkeiten, sowie Verkehrsanbindungen und Grünanlagenerschließungen mit sich und üben auf diese Weise einen positiven Einfluss auf die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort aus. Durch den Wissens- und Technologietransfer in den Regionen lässt sich der Wohlstand also ganz konkret steigern. Es ist nicht weiter akzeptabel, dass ganze Regionen in Deutschland von den Bundesgeldern für die Forschung abgeschnitten sind.
Ausbau der Grundfinanzierung
Kernaufgabe der Wissenschaft ist es, auf gesellschaftliche Fragen Antworten zu finden, neues Wissen zu generieren und den Wandel für die Menschen zu gestalten. Sei es in der Entwicklung von Medizintechnik, der Lehrkräfteausbildung, bei der Integration von Geflüchteten oder im Digitalisierungsprozess – die gesellschaftlichen Ansprüche an die Wissenschaft werden nicht weniger. Im Gegenteil: Wissenschaft muss schnellen Veränderungen und modernen Herausforderungen gerecht werden. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn wir Sicherheit in der Finanzplanung haben.
Der Hochschulpakt 2020 ist zwar ein Erfolgsmodell. Bund und Länder haben es geschafft, dass mehr Menschen in Deutschland als je zuvor an der Aufnahme eines Studiums interessiert sind. Die Studienanfänger*innenzahlen in Deutschland sind weiterhin (mit 504.882 in 2014 und 505.736 in 2015) hoch, und das, obwohl die Belastungen durch die doppelten Abiturjahrgänge und durch das Aussetzen der Wehrpflicht nachlassen. Doch der Hochschulpakt ist zeitlich begrenzt und weist strukturelle Fehlanreize auf.
Die Summe der Bundesmittel ist einzig auf die vorausberechnete Anzahl von Studienanfänger*innen beschränkt, wohlgemerkt aus dem Jahr 2005. Das bedeutet: Die Länder bekommen pro Studienanfänger*in Geld vom Bund. Das hatte den – gewünschten und erreichten – Effekt, dass nahezu alle Länder massiv die Anfänger*innen-Kapazitäten erhöht haben. Bei den anstehenden Verhandlungen zwischen dem Bund und allen Ländern muss es jedoch darum gehen, einen neuen Mechanismus zu finden, der auch Anreize setzt, die Master-Kapazitäten zu erhöhen. Der Vorschlag von Minister Tiefensee, 1.000€ pro Studierenden in der Regelstudienzeit vom Bund finanziert zu bekommen oder der frühere Vorschlag von Jürgen Zöllner, die Übernahme der echten Studienplatzkosten für internationale Studierende durch den Bund, sind gute Diskussionsgrundlagen. Egal welches Modell: Die internationalen Studierenden müssten in jedem Fall mit einberechnet werden.
Der Bund muss darüber hinaus bei der Fortsetzung des Hochschulpaktes bereit sein, diesen auf Dauer abzuschließen. Ähnlich dem Pakt für Forschung und Innovation müsste auf Basis des aktuellen Finanzvolumens eine Steigerungsrate mit einem jährlich festgelegten prozentualen Aufwuchs (mindestens 3%) vereinbart werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dies für die außeruniversitäre Forschung gelten soll, nicht jedoch für die Hochschulen.
Mit einem auf Dauer angelegten Hochschulpakt wären jedoch nicht nur die Studienplatzkapazitäten gesichert, auch die Beschäftigungsbedingungen würden sich schlagartig verbessern. Dadurch, dass die Vergabe der Bundesmittel allein an die Anzahl der Studienanfänger*innen gekoppelt ist und im Voraus berechnet wird, besitzen die Hochschulen keine Planungssicherheit. Können die Hochschulen nicht die Zahlen an Studienanfänger*innen halten, sind die Zuweisungen der Mittel rückläufig. In der Folge tendieren die Hochschulen zu einem Verhalten, das Mathias Brodkorb als „Wette auf die Zukunft“ beschreibt: die Hochschulen minimierten – als rationale Akteure – ihr Risiko, indem sie die Verausgabung der Mittel aus dem Hochschulpakt ebenso verzögerten, wie sie Arbeitsverträge mit möglichst kurzer Laufzeit vergäben.
Langfristige Agenda von Bund und Ländern
Ein generelles Umdenken in der Ausrichtung des Hochschulfinanzierungssystems ist unumgänglich. Anstelle von temporärer Akzentsetzung über befristete Pakte bedarf es jetzt der Etablierung langfristiger Strategien der Hochschulentwicklung. Durch die Lockerung des Kooperationsverbots wurde dafür die Tür zumindest einen Spalt geöffnet. Doch noch warten wir darauf, wie der Bund diese Möglichkeit nutzen will. Passiert ist bisher nicht viel. Lediglich ein wieder einmal befristeter „Nachwuchspakt“ mit einem Finanzvolumen von 100 Mio. Euro pro Jahr. Dafür hätte man keine Grundgesetzänderung gebraucht.
Nur durch eine gemeinsame Agenda von Bund, Ländern und den Akteuren im Wissenschaftssystem kann die Grundfinanzierung der Hochschulen nachhaltig sichergestellt werden. Durch eine bedarfsgerechte Grundfinanzierung mit Steigerungsraten können die Hochschulen neben den Studienkapazitäten auch die nötigen infrastrukturellen Maßnahmen, welche die hohe Studienplatzzahl nach sich zieht, bereitstellen. Bei einem Aufwuchs an Studienplätzen müssen zwangsläufig studentische Wohnräume, die Betreuungsrelation sowie Räumlichkeiten für Lehrveranstaltungen mitgedacht und eben auch mitfinanziert werden.
Eine gemeinsame Agenda zwischen Bund, Ländern, Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen sollte folgende Punkte umfassen:
- Wissenschaftspolitik muss als Regionalentwicklung verstanden werden: Regionen, die durch Wissenschaftseinrichtungen geprägt sind, fungieren als Motor gesellschaftlichen Fortschritts; Wissenschaft ist ein klarer Wohlstands- und Wachstumsfaktor. Die Forschungsförderung muss mutiger werden und sich als Instrument regionaler Entwicklung verstehen. Es gilt zukünftig, Regionen zu fördern, die bisher nahezu ausgeschlossen waren von den Bundesgeldern.
- Der Bund muss sich verpflichten, die Lehre auch nach dem Hochschulpakt 2020 unbefristet weiter zu finanzieren. Ähnlich wie bei dem Pakt für Forschung und Innovation mit einem jährlich festgelegten prozentualen Aufwuchs. Die Bemessung der Bundesmittel des Hochschulpaktes sollte sich nicht nur an den Studienanfänger*innen orientieren. Auch die Masterstudiengänge müssen Beachtung finden; das Angebot in diesem Bereich muss verstärkt werden.
Nur eine sichere Grundfinanzierung ermöglicht es den Hochschulen in Deutschland, ihre Leistungsfähigkeit in Lehre, Forschung, Hochschulverwaltung, Diversity, Gleichstellung, Nachwuchsförderung, Wissenstransfer und Internationalisierung zu halten und weiter zu verbessern. Die Gesamtgesellschaft profitiert von einer starken Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Die Aufgabe von Bund und Ländern ist es nun, langfristig die Grundfinanzierung von Hochschulen zu verbessern und eine klare, sichere Entwicklungsperspektive für Hochschulen als Kern der Wissenschaftslandschaft aufzuzeigen.
[1] https://www.hrk.de/themen/hochschulsystem/hochschulfinanzierung/
[2] Haushalt 1998: 7,3 Mrd. Euro (https://www.bmbf.de/pub/Nahaufnahme.pdf), 2016: 16,4 Mrd. Euro (https://www.bmbf.de/de/der-haushalt-des-bundesministeriums-fuer-bildung-und-forschung-202.html)
Die Exzellenzinitiative ist ein sozialdemokratisches Erfolgsprojekt. Dass sie jetzt fortgesetzt wird, ist ein gutes Zeichen für Universitäten und Forschungseinrichtungen aber auch für Deutschland insgesamt. Der Spitzenwettbewerb hat einen enormen strategischen Entwicklungsprozess in unserem Hochschul- und Forschungssystem ausgelöst. Deutschland ist als führender Standort für Forschung und Entwicklung international sichtbarer geworden. An diese Erfolge gilt es nun anzuknüpfen.