Vor allem die Frage, wie der akademische Weg der zahlreichen, hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler nach Abschluss ihrer Qualifikationsphase weitergehen soll, muss uns derzeit besonders beschäftigen. Prof. Dr. Thomas Deufel, Wissenschaftsstaatssekretär in Thüringen, beschreibt mit Blick auf die aktuellen Empfehlungen des Wissenschaftsrates den Weg der hier in sozialdemokratischer Verantwortung in Thüringen eingeschlagen wurde.
Hochschulen als Motoren des gesellschaftlichen Fortschritts
Unsere Gesellschaft befindet sich im ständigen Umbruch und die Wissenschaft ist ein wesentlicher Motor dieser modernen Dynamik. Und dies im doppelten Sinne: die Gesellschaft erwartet von der Wissenschaft Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Damit die Energiewende gelingt, bedarf es weiterer Durchbrüche in Chemie und Physik. In Zeiten der Globalisierung sind es die Geisteswissenschaften, die im Dialog der Kulturen Orientierung geben. Und die Sozialwissenschaften bieten Antworten auf die Frage, wie wir unser Zusammenleben in einer gerechten und offenen Gesellschaft erfolgreich gestalten. Gleichzeitig wirft die Wissenschaft selbst immer neue Fragen auf und fordert so von der Gesellschaft, nicht müde zu werden, sich von gewohnten Überzeugungen zu trennen und neue Um- und Aufbrüche zu wagen.
Dieser ganz reale Bedeutungszuwachs der Wissenschaft für die Gesellschaft lässt sich mit wenigen Zahlen eindrucksvoll belegen. Im Jahr 1995 wendeten Bund und Länder für die Hochschulen 16,3 Mrd. Euro auf. Im Jahr 2012 waren es bereits 24,9 Mrd. Euro sein (Statistisches Bundesamt: Bildungsfinanzbericht 2012, S. 55). Innerhalb von wenigen Jahren wurden die öffentlichen Ausgaben für die Hochschulen um 35 Prozent gesteigert. Hieran haben vor allem sozialdemokratische Wissenschaftsministerinnen und -minister in Bund und Ländern beigetragen. Hinzu kommen private Drittmittel in steigendem, wenn auch durchaus noch steigerungsfähigem, Umfang.
Verantwortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Mit den wachsenden Aufwendungen für die Wissenschaft ging eine deutliche Ausweitung der Zahl der Beschäftigten in der Wissenschaft, an Hochschulen und Forschungseinrichtungen einher – und dabei geht es gerade um wissenschaftlichen Nachwuchs, junge Wissenschaftler, die sich im Wissenschaftssystem finden und deren künftige Rolle und Perspektive in diesem System uns deshalb unser vorrangiges Interesse finden muss. Sicher ist zu begrüßen, wenn deutlich mehr Graduierte und Post Docs die Möglichkeit erhalten, ihre Ideen in Forschung und Lehre zu verwirklichen und ihre wissenschaftliche Leistungsfähigkeit zu beweisen.
Gleichzeitig muss uns aber die Frage bewegen, wie der akademische Weg dieser zahlreichen, hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler nach Abschluss ihrer Qualifizierungsphase weitergehen sollte. Die Hürden zur Professur – und sie ist die im deutschen Wissenschaftssystem ausgewiesene Position für selbständiges, eigenverantwortliches und freies wissenschaftliches Arbeiten – sind in diesem System noch immer sehr hoch. Eine wichtige Ursache ist in der Personalstruktur des deutschen Hochschulsystems begründet. Während in Frankreich, England und den USA rund zwei Drittel des Hochschulpersonals als Hochschullehrer selbständig Lehre und Forschung betreiben, sind dies an deutschen Hochschulen lediglich 13 Prozent (Kreckel 2012, S. 3) – mit weitreichenden Folgen. Zum einen erfolgen der erste Ruf in die Professur, und damit der wichtigste Schritt in eine berufliche Dauerperspektive im Hochschulsystem, in Deutschland deutlich später als in vielen anderen Wissenschaftsräumen. Zweitens ist die Konkurrenz um die insgesamt wenigen Professuren deutlich schärfer als in anderen Ländern und hat in zahlreichen Fällen einen Abbruch der akademischen Laufbahn trotz umfangreicher Qualifikation zum Ergebnis. Konkurrenz, Qualitätsbeweis im Wettbewerb, das sei betont, gehört natürlich zum Wissenschaftssystem und trägt wesentlich zu dessen Erfolg bei. Doch es ist augenscheinlich, dass bei der dargestellten systembedingten Verengung des Zugangs zur Professur auch viele von ihrer Ausbildung und ihrer Kompetenz in hohem Maße für die selbständige Lehre und Forschung und damit für eine Berufsperspektive in der akademischen Wissenschaft qualifizierte Nachwuchswissenschaftler nicht zum Zuge kommen. Stattdessen sehen sie sich mit schwer planbaren und unsicheren Karrierewegen konfrontiert (Wagner-Baier, A.; Funke, F.; Mummendey, A. 2011, S. 24). So scheinen die Worte des gebürtigen Erfurters Max Weber auch nach 100 Jahren nicht an Aktualität verloren zu haben: „Das akademische Leben ist also ein wilder Hazard“ (Weber 1992, S. 79).
Wichtige Lebensentscheidungen, wie die Familienplanung, sind für junge Wissenschaftler Risikofaktoren. Die Folgen dieses Befunds sind augenscheinlich und werden oft unter dem Schlagwort des „brain drain“ diskutiert. Nachwuchswissenschaftler verlassen das deutsche Wissenschaftssystem und suchen an Hochschulen im Ausland oder eben außerhalb der Wissenschaft nach beruflichen Herausforderungen (Briedis, u.a. 2013, S. 31f.). Besonders oft sind es Frauen, die aus dieser Nachwuchs-unfreundlichen Situation heraus der Wissenschaft den Rücken kehren. Kurz gesagt: Wir gehen das Risiko ein, kluge Köpfe zu verlieren und lassen ungemein viel Potential ungenutzt. Und dies in einer Phase des akademischen Werdegangs, die sich durch eine besonders hohe Kreativität und Produktivität auszeichnet. Das können wir uns nicht leisten. Hier stehen Länder und Hochschulen in einer gemeinsamen Verantwortung.
Neue Wege zur Professur
Das Problem wurde in der jüngsten Zeit von namhaften Vertretern des Wissenschaftssystems thematisiert. Der Wissenschaftsrat hat in seiner Sommersitzung in diesem Jahr Empfehlungen zu Karrierezielen und -wegen an Universitäten verabschiedet. Die Kernsätze sind: mehrere attraktive Karriereziele an Universitäten, transparente und gebahnte Karrierewege, Ausstattung eines signifikanten Anteils aller Professuren mit einem tenure track und die substanzielle Erhöhung des Anteils der Professoren an den wissenschaftlichen Beschäftigten der Universitäten.
In Thüringen haben sich Land und Hochschulen dieser Herausforderung bereits 2010 gestellt und die Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses mit genau dieser Zielsetzung auf die Agenda gehoben. Erstes Ergebnis ist eine Gesetzesinitiative des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die die zentralen Empfehlungen des Wissenschaftsrates umsetzt. Dieses Gesetz ist noch vor den Empfehlungen des Wissenschaftsrates durch den Thüringer Landtag verabschiedet worden. Mit dem Gesetz wird den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet, wesentliche Verbesserungen für die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses in akademische Karrieren vorzunehmen.
Unser Gesetz setzt bei der Juniorprofessur an. In der Phase zwischen Abschluss der Promotion und der ersten Berufung auf ein Professorenamt besteht nach dem derzeitigen System zwangsläufig ein Bruch. Auch für Juniorprofessoren ist eine Unterbrechung der Regelfall. Der Grund ist bekannt: der nach einigen Hochschulgesetzen der Länder mögliche Tenure-Track ist wegen des Erfordernisses eines erneuten Berufungsverfahrens tatsächlich in der Regel nur eine Tenure-Option. Wir haben zudem die Erfahrung machen müssen, dass die Hochschulen von dieser Option in nur wenigen Ausnahmefällen Gebrauch machen.
Unsere Initiative setzt nun bei der bestehenden Juniorprofessur an und stellt diese vom Kopf auf die Füße, indem den Hochschulen zusätzlich zu den klassischen Berufungsverfahren eine weitere gesetzliche Möglichkeit eröffnet wird, erfolgversprechenden Nachwuchswissenschaftlern den – frühen – Einstieg in Professur und Karriere im Hochschulsystem zu eröffnen. Ausschreibung und Besetzung der Juniorprofessur erfolgen nach den bisherigen Regeln. Ebenfalls unverändert bleibt die derzeitige Ausgestaltung der Juniorprofessur mit ihren zwei Phasen, einer Zwischenevaluation und der Gesamtdauer von sechs Jahren.
Neu ist die Option der Aufstiegsevaluation. Diese ermöglicht erstmals die direkte und dauerhafte Ernennung zum Professor ohne erneute Ausschreibung und Berufungsverfahren. – An dessen Stelle stehen die Aufstiegsevaluation, die eine dem Berufungsverfahren mindestens gleichwertige Qualitätskontrolle darstellt, und die Einbindung in ein Karrierekonzept der Hochschule für die fragliche Stelle und den Juniorprofessor, der sie innehat. Charakteristisch für unsere Initiative ist ihre Durchlässigkeit. Wissenschaftler in einem solchen Career-Track können sich jederzeit auf Ausschreibungen in allen traditionellen Berufungsverfahren bewerben und damit andere Aufstiegsmöglichkeiten des akademischen Systems frei nutzen.
Die Vorteile eines solchen Verfahrens liegen auf der Hand: Die Hochschulen erhalten die Möglichkeit, einer von ihnen identifizierten leistungsfähigen Wissenschaftlerin ein attraktives, in die Zukunft gerichtetes Angebot zu machen und sie damit früh für die Hochschule zu gewinnen bzw. einer Abwanderung zu begegnen. Für die Nachwuchswissenschaftler bedingt dieser Weg eine bessere, vor allem frühere Planbarkeit einer wissenschaftlichen Karriere; die Entscheidung für oder gegen eine Lebensperspektive an der Hochschule – deren Zustandekommen eine wichtige Verantwortung für Hochschule und Wissenschaftler gleichermaßen darstellt – soll in einer Lebensphase ermöglicht werden, in der tragfähige Alternativen außerhalb der akademischen Wissenschaft vorgefunden, abgewogen und bewusst angestrebt werden können. Dies hat selbstverständlich auch große Bedeutung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und schafft Möglichkeiten für dual careers von Familien. Insgesamt sollen diese neuen Karrierewege auch einen Beitrag leisten, leistungsfähige Nachwuchswissenschaftler von außerhalb für Thüringen zu gewinnen.
Es sind aber auch klar die Herausforderungen zu benennen, die mit diesem Vorschlag verbunden sind. Dieses Modell stellt hohe Anforderungen an unsere Hochschulen und zwar in zwei Bereichen:
Erstens stellt das Modell hohe Anforderungen an die Strategiefähigkeit und an die strategische Personalentwicklung der Fakultäten und Fachbereiche. Wenn Nachwuchswissenschaftlern ein Career-Track eröffnet werden soll, muss bereits bei der Ausschreibung und dem Verfahren zur Berufung zum Juniorprofessor Klarheit gewonnen werden, wie sich dieser Wissenschaftler in die langfristige Entwicklung der Fakultät oder des Fachbereichs einfügen soll, und welche besonderen Qualitäten er dafür mitbringt. Hierfür sind langfristige Fakultätsentwicklungskonzepte ebenso erforderlich wie eine gut begründete Prognose zur Leistungsfähigkeit der Bewerber, gleich ob sie von der eigenen Hochschule oder von außen gewonnen werden sollen.
Zweitens müssen die Hochschulen die Evaluation sachgerecht und verantwortungsvoll ausgestalten, so dass gegenüber dem herkömmlichen Berufungsverfahren eher noch mehr Qualität erreicht werden kann. Dabei gibt es neue Chancen – etwa die kontinuierliche Beobachtung der Entwicklung eines Wissenschaftlers durch seinen Fachbereich und damit den Vorteil, dass anstelle einer Momentaufnahme im Rahmen eines Berufungsverfahrens die gesamte Entwicklung des Wissenschaftlers in die Betrachtung einfließen kann. Auch kommt in diesem System der Beurteilung der Qualität der Lehre eine größere Bedeutung zu. Eine hohe Verantwortung hat auch die Fakultät, die dafür Sorge tragen muss, dass Qualitätsstandards in gleicher Weise wie in einem Berufungsverfahren gesetzt und eingehalten werden. Für eine erfolgreiche Entwicklung von Hochschulen und Fakultäten ist das unerlässlich. Selbstverständlich muss es die verpflichtende Beteiligung externer Gutachter geben. Und selbstverständlich werden wir als Land in den Vorbereitungen solcher Prozesse mit den Hochschulen darauf Wert legen, dass diese Personalentscheidungen über jeden Zweifel erhaben sind und den herkömmlichen Berufungsverfahren in nichts nachstehen. Mit dieser Initiative zu einer Erweiterung der Wege zur Professur ist Thüringen zusammen mit Bayern bundesweit Vorreiter.
Klare Standards für die Beschäftigung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Oftmals kritisiert werden die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse im akademischen Mittelbau und hier insbesondere die Dauer von Befristungen. Doch hier bedarf es einer differenzierten Betrachtung. Die Hochschulen sind auf das Instrument der Befristungen angewiesen. Wesentlich begründet sich dies in den bereits oben angesprochenen, immer wiederkehrenden Umbrüchen in der Wissenschaft selbst: einzelne Forschungsstränge haben sich erschöpft und neue eröffnen sich. Zudem ist evident, dass schon immer nur ein Teil der Hochschulabsolventen in der Qualifizierung sowohl vor als auch nach der Promotion seine berufliche Zukunft an der Hochschule selbst bzw. in der akademischen Wissenschaft sucht, die Mehrheit der an einer Hochschule Ausgebildeten, die Mehrheit der Graduierten und der Postgraduierten Mitglieder eine Hochschule sind dort aus voller, eigener Absicht nur auf Zeit. Akademische Berufe außerhalb der Wissenschaft sind immer schon eine mindestens gleichrangige Perspektive gewesen. Das Instrument der Befristung wird diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht und soll auch die hohe Dynamik und die für die Qualifikation erforderliche Mobilität in der Wissenschaft erhalten. Auf der anderen Seite müssen sich junge Nachwuchswissenschaftler in der Wissenschaft aber auch erst bewähren, die Qualifizierung muss eine klare Entscheidung für oder gegen eine weitere Arbeit in der akademischen Wissenschaft möglich machen.
Das Instrument der Befristung ist wesentlich, um die Funktion der Bestenauswahl zu erhalten.
Anders stellt es sich bei Nachwuchswissenschaftlern dar, die ihre Qualifizierungsphase beendet und ihre besonderen Fähigkeiten in Forschung und Lehre hinreichend bewiesen haben. Hier verliert das Argument für die Befristung mit dem Fortschritt des wissenschaftlichen Werdegangs zunehmend an Kraft. Nach meiner Auffassung, und gerade auch im Lichte der oben berichteten, besonderen Struktur an deutschen Hochschulen, sollte es hier gerade nicht darum gehen, solche für eine Zukunft in der akademischen Wissenschaft ausgewiesen qualifizierten Nachwuchswissenschaftler im Mittelbau und damit in weisungsgebundener, unselbständiger Tätigkeit zu entfristen und damit einfach diese Phase ohne Wechsel in Status, Verantwortung und Perspektive zu perpetuieren. Dies wäre zu kurz gedacht, weil ein entscheidender Schritt fehlt: Wer dauerhaft an der Hochschule arbeitet, der soll − abgesehen von eher seltenen und wohl definierten Fällen, wo technische, infrastrukturell erforderliche Funktionen langfristig zu erfüllen sind − unbedingt eigenständig Forschung und Lehre verantworten. Und diese Möglichkeit, eben als Hochschullehrer zu forschen und zu lehren, eröffnet an Hochschulen konstitutiv die Professur. Nur die Professur. So gesehen ist für uns klar, dass es darum gehen muss, mehr qualifizierten Nachwuchswissenschaftlern den Weg in die Professur zu eröffnen. Dazu gehört auch, gemeinsam mit den Hochschulen geeignete Wege zu erörtern, um den Anteil der Wissenschaftler im Professorenamt zu erhöhen.
Allein befristete Beschäftigung zuzulassen greift aber zu kurz. Bund, Land und Hochschulen stehen hier in der Pflicht. Einerseits bedarf es an den Hochschulen einer Kultur der Verantwortung. Nur wenn die Hochschulen mit dem Instrument verantwortungsvoll umgehen, können Nachwuchswissenschaftler ihr ganzes Potential entfalten und werden in Forschung und Lehre nicht durch die Unsicherheit zu kurzer Befristungen eingeengt. Hier bedarf es größerer Planbarkeit und Transparenz bei der Ausgestaltung befristeter Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft. Planbarkeit erreichen wir dadurch, dass Befristungsgründe klar definiert werden. Die konkrete Befristung muss zielbezogen erfolgen. Das Qualifikationsziel muss innerhalb der Befristung erreichbar sein. Dazu bedarf es einer Begleitung durch die Vorgesetzten, die den Weg zur Qualifikation ihrer Mitarbeiter genau verfolgen und evaluieren. Promovierende müssen zum Ziel kommen. Das geht nur, wenn neben der Arbeit im Fachbereich oder am Projekt noch ausreichend Raum für die eigenen Vorhaben bleibt.
Transparenz muss hinsichtlich der Befristungszeiten bestehen. Es muss klar und berechenbar sein, welche Beschäftigungszeiten angerechnet werden und welche unberücksichtigt bleiben können.
Ein wichtiger Punkt ist die einheitliche Definition des Abschlusses. Wann eine Promotion als abgeschlossen gilt, darüber bestehen an den Hochschulen unterschiedliche Aussagen. Ein weiterer Punkt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Familienbezogene Fördermöglichkeiten sollen in jedem Fall zu nutzen sein. Und zwar für Männer und Frauen gleichermaßen.
Die Hochschulrektorenkonferenz hat hierzu Empfehlungen erarbeitet. Diese sind ein erster Schritt. In Thüringen haben Land und Hochschulen in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen diese Empfehlungen zum verbindlichen Standard erklärt.
Ein weiterer Schritt muss folgen. Die Regelungen der Befristungsmöglichkeit der Beschäftigungsverhältnisse des wissenschaftlichen Personals sind im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geregelt. Auf Bundesebene ist derzeit eine Debatte im Gang, die dazu grundsätzliche Überlegungen anstellt. Es muss Ziel sein, dass hier Standards zur Ausgestaltung der befristeten Beschäftigung gesetzlich geregelt werden. Im Vordergrund stehen Regelungen zu Mindestbefristungen aber auch die Aufhebung der Tarifsperre, so dass es den Sozialpartnern ermöglicht wird in den Tarifverträgen eigene Regelungen zu vereinbaren.
Gute Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind das Fundament der exzellenten Hochschulen von morgen
Der wissenschaftliche Nachwuchs war zu lange nur eine Randnotiz in den wissenschaftspolitischen Debatten. Dies hat sich glücklicherweise deutlich gewandelt. Die mit diesem Bedeutungswandel verbundenen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Von Bund, Ländern und den Hochschulen wird erwartet, dass ein akademischer Werdegang deutlich früher intensiv, individuell und verantwortungsvoll begleitet werden muss. Dieser Herausforderung müssen sich alle Beteiligten stellen, denn der wissenschaftliche Nachwuchs von heute ist das Fundament der exzellenten Hochschule von morgen. Die Thüringer Initiative zur Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses will hierzu einen nachhaltigen Beitrag leisten.
[Der vorliegende Debattenbeitrag ist eine aktualisierte und erweiterte Fassung eines erstmalig in Kauhaus, Hanna (Hrsg.): Das deutsche Wissenschaftssystem und seine Postdocs. Perspektiven für die Gestaltung der Qualifizierungsphase nach der Promotion, Bielefeld 2013, erschienen Aufsatzes]
Literatur:
- Statistisches Bundesamt (2012): Bildungsfinanzbericht. Wiesbaden.
- Kreckel, R. (2012): Stellungnahme im Rahmen des öffentlichen Fachgesprächs zum Thema „Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs“, Deutscher Bundestag A-Drs. 17(18)267b. Berlin.
- Briedis, K. u.a. (2013): Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Bedarf, Angebote und Perspektiven – eine empirische Bestandsaufnahme. Essen.
- Weber, M. (1992 [1919]): Wissenschaft als Beruf. In: Baier, H. u.a. (Hrsg.): Max-Weber-Gesamtausgabe, Bd. 17. Tübingen.
- Wagner-Baier, A.;/ Funke, F.;/ Mummendey, A. (2011): Analysen und Empfehlungen zur Situation von Postdoktorandinnen und Postdoktoranden an deutschen Universitäten und insbesondere an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2. Aufl. Jena.
Prof. Dr. Thomas Deufel
Wissenschaftsstaatssekretär in Thüringen